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Zeit der Ruinen: Nachwort von Hans Schmitt-Rost

Die Zeit der Ruinen ist vorbei, Gott sei Dank. Wer heute jung ist, hat den Krieg und die unmittelbare Nachkriegszeit nicht mehr bewußt erlebt. Die Erinnerung liegt bei den Eltern und nicht bei den Kindern. Die jetzt Zwanzig- und Dreißigjährigen haben das
seltene Glück, in einer Epoche des Aufstiegs, des sich mehrenden Wohlstands, des Friedens und der Wunscherfüllung groß zu werden. Sie wissen auch nicht immer, daß dieses Glück selten und daß es kostbar ist. Mit den Trümmern, die so unendlich langsam und wenn man das Ausmaß der Zerstörung vor Augen hat, so unbegreiflich schnell beseitigt worden sind, ist auch zu oft die Erinnerung an die Folgen einer schrecklichen Gewaltherrschaft, das Gefühl für die Kausalitäten im deutschen Glück und Unglück verdrängt worden. Es ist notwendig, gerade den jungen Generationen vorzustellen, wie es in jenem viel genannten Jahre Null in einer deutschen Stadt aussah, was von Köln am Ende des Krieges übriggeblieben war.

Die Fotografie ist ein Mittel unbestechlicher Information. So schwer es war, sich in der Trümmerzeit eine heile Stadt vorzustellen, so schwer ist es, in einer wieder hergestellten Stadt das Ausmaß der Zerstörung in der Vorstellung zu behalten. Erinnerungen sind oft mächtige Gehilfen des Zeitgeistes; sie können aber verloren werden und schaffen dann jene seltsame leere des Bewußtseins, die für manche deutschen Dinge der Gegenwart so bezeichnend ist. • Sie können aber auch richtig benutzt werden. In ihrer ständigen Vorstellung erzeugt sich das Gefühl für die äußerste Labilität des menschlichen Glücks, der Sicherheit und der Freiheit und kann dann dazu beitragen, nicht gedankenlos hinzunehmen, was das Resultat unendlicher Opfer, unendlichen Fleißes und aller möglichen und denkbaren Mühsal gewesen ist.

Dieses Bilderbuch der Zerstörung hat ein pädagogisches Ziel, einen moralisch-politischen Akzent. Indem er uns das Resultat von Diktatur und Gewaltherrschaft am Beispiel einer Stadt, die wiederum stellvertretend für so viele, viel zu viele deutsche Städte ist, noch einmal vor Augen führt, fördert es unsere Vorstellung von der Kostbarkeit des Friedens und weckt unsere Energien, dieses höchste Gut des Menschen zu erhalten.

Heinrich Böll beschreibt in seinem Vorwort, wie unsere Empfindungen durch die Schichten der Erinnerungsbilder gezerrt und verstört werden. In zwanzig Jahren war eine Stadt dreimal Stadt: die unzerstörte vor dem Krieg, die zerstörte und die wiederaufgebaute. Dieses Buch zeigt die zweite Stadt, die vernichtete: jene drei Jahre »Steinzeit« von 1945-48, als man vom Sammeln und vom Raub lebte.

Man hat die Zeit der Trümmer so sehr vergessen, daß die Archivbilder heute einen Effekt der Überraschung und Verwunderung
hervorrufen. Es ist gelegentlich bedauert worden, daß der Eifer, das Elend zu überwinden, die » Vernichtung vernichtet« habe. Es wurde als eine andere Art von Schuldverdrängung angesehen.

Dieses Bildwerk ist em Mahnmal. Nicht anders als die Ziegelplombe in der riesigen Bombenwunde des Kölner Doms oder die
offengelassenen Gewölberippen an der zerstörten Kirche von St. Alban über den trauernden Eltern der Käthe Kollwitz. Das Kölner
Festspielhaus, das Haus des Vergnügens in Zeiten des Karnevals, das Haus der Empfänge der Stadt, lehnt sich an die Trümmer von
St. Alban, oder lehnen sich die Trümmer von St. Alban an den Gürzenich? Hinter dieser Paarung verbirgt sich ein metaphysischer und ein höchst realer Zusammenhang. So lautet die wirkliche Aufforderung dieses Buches: vergeßt den Zusammenhang der Dinge nicht, vergessen wir nicht, was wir nie vergessen dürfen.

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